most of words

Geneigter Leser!

Das Schönste an most of apples sind neben den netten
getränken, die man hier von Zeit zu Zeit  zu sich nehmen kann,
vor allem die netten Menschen, die man über diese getränke
trifft. Menschen, die sich z.B. mit der Gegend, aus der das Obst
für most of apples stammt, dem Wendland, auseinandersetzen.
Beim nachfolgenden Text handelt es sich um einen Vortrag von
Dr. Michael Lampe, einem unserer liebsten Kunden, der zeigt,
dass man sich dieser Gegend am besten langsam, zu Fuß und
unter Einsatz des Kopfes (wo ja bekanntlich auch der Gaumen
seine Heimstatt hat) nähert. Probieren Sie es einfach selbst
einmal. Die kulturelle Landpartie zwischen Himmelfahrt und
Pfingsten ist ein guter Anlass dafür. Und: das Fahrrad ist dafür
auch erlaubt. Aber jetzt: lesen!

die wenden
 Christoph Schröder Dieses Jahr fallen ja die Deutschen besoffen in
einen nationalen Taumel, haben sie doch vor
2000 Jahren die Römer besiegt und damit die-
jenige Kraft, die ihnen Kultur hätte beibringen
können, aus dem Lande getrieben, vielleicht
zum eigenen Nachteil.
Bevor ich mich meinem Thema, den Wenden,
zuwende und damit auch von den Germanen,
respektive den Sachsen berichten werde, sei
mir ein kleiner Blick auf die teutschen Volks-
stämme gestattet.

Fangen wir im Norden an. Dort lebten im heutigen Schleswig-
Holstein die Angeln und südlich davon die Sachsen, so auf Höhe
von Hamburg. An der Nordseeküste wie eh und je die Friesen.
Vom heutigen Bremen Weser aufwärts war das Land der Chauken,
also das Land meiner Vorfahren väterlicherseits.

Entlang der westlichen Elbe siedelten die Langobarden, östlich
die Semnonen, zwei Stämme, die es ja im Rahmen der Völker-
wanderung weit bis nach Oberitalien geführt hat. Teutoburger
Wald war Cheruskerland, im heutigen Hessen lebten die Chatten,
am Niederrhein Bataver und Brukterer. Süddeutschland wurde von
den Markomannen und Hermunduren dominiert. Der Rhein war
Grenzgebiet zum römischen Reich, später der Limes. Soweit der
Zustand der Welt. Was wir von ihr wissen, beruht meist auf röm-
ischen Aufzeichnungen, denn unsere Altvorderen waren des
Schreibens unkundig. Damit ist der absolute Wahrheitsgehalt
der Darstellungen aus dieser Zeit stets zu relativieren. Die
Wenden bildeten den am meisten nach Westen vorgeschobenen
Stamm der großen slawischen Völkerfamilie; hinter ihnen nach
Osten saßen die Polen, die Südslawen sowie die Groß- und
Kleinrussen. Die Wenden rückten etwa um 500 in das von den
Semnonen verlassene Gebiet zwischen Oder und Elbe ein und
wurden hier bestimmend und gaben der Region ihr Gepräge,
den Dingen und Ortschaften ihre wendische Namen. Es existierten
drei Großstämme, die Obotriten im heutigen Mecklenburg, die
Lutizer in Mark und Vorpommern und die Sorben im Meißnischen
und der Lausitz und damit meine mütterliche Vorfahren. Innerhalb
dieser gab es überall eine Unmenge von Stämmchen, wie z. B.
Heveller im Havelland, die Spriavaner an der Spree, die Brizaner
an der Priegnitz und viele mehr. Unter diesen Clans waren wohl
die Ranen und die Redarier die wichtigsten, denn sie stellten die
Hüter der heiligsten Tempelstätten Rethra und Arkona dar.

Erste kriegerische Konflikte der Deutschen mit den Wenden
finden unter Karl dem Großen statt, sind aber bedeutungslos,
denn zu der Zeit hatte er doch alle Mühe, die heidnischen
Sachsen zu christianisieren und ihre Irminsul umzuhacken.
Im 10. Jahrhundert verdichteten sich die Animositäten und es
kam zu großen Erfolgen des Sachsenheeres. Der Chronist in
„Widukinds Sächsischen Geschichten“ beschreibt eine Schlacht
wie folgt: So kam der Morgen und die Christen schickten sich
nun ihrerseits zum Angriff an. Die Zahl der Wenden war so groß,
dass, als die Sonne jetzt hell auf die durchnäßsten Kleider der
hunderttausend Wenden schien, ein Dampf zum Himmel aufstieg,
der sie wie in eine Nebelwolke einhüllte, während die Christen in
hellem Sonnenlicht heranzogen und ob dieser Erscheinung voll
Hoffnung und Zuversicht waren. Nach hartem Kampf flohen die
Wenden, wurden im See ertränkt, die Gefangenen wurden alle,
wie ihnen verheißen, noch am selbigen Tage geköpft.
Abmurksen war auf beiden Seiten eine beliebte Beschäftigung.

Ja, so waren sie, unsere Altvorderen, die Genfer Konvention war
ihnen noch ein Fremdwort und der christliche Gedanke, dem Feind
die andere Wange hinzuhalten war keinesfalls Militärphilosophie.
Wie wir wissen, ist es in den nachfolgenden 1000 Jahren dies-
bezüglich nicht viel besser geworden.

Aber die Wenden begehrten noch einmal auf und gewannen eine
große Schlacht am Tangerfluß im Jahre 983. Anführer war der
Obotritenfürst Mistewoi, an sich schon Christ und Gefolgsmann
Kaiser Ottos, den er, unterstützt von tausend wendischen Edel-
leuten im Kriegszug nach Italien begleitet hatte. Als Dank er-
wartete er die Vermählung mit der Nichte des Herzog Bernhard,
damals Markgraf der Nordmark. Dies wurde durch Intrige ver-
hindert und ob dieser Beleidigung versammelte Mistewoi die
wendischen Führer in Rethra, berichtete von der Schmach,
schwor dem Christentum ab, bekannte sich zu den alten
heidnischen Göttern und führte die Wenden zum militärischen
Erfolg, der das Land noch einhundertfünfzig Jahre in slawischer
Hand konservierte. Querelen innerhalb der Wendenstämme und
die Macht des Christentums höhlten das Wendische aus und
durch den Sieg Albrecht des Bären war 1157 Schluss mit der Wendenherrlichkeit.

Die Frage ist oft aufgeworfen worden, ob die Wenden wirklich auf
einer viel niedrigeren Stufe als die vordringenden Deutschen
gestanden hätten, und diese Frage ist nicht mit einem
bestimmten „Ja“ beantwortet worden. Wie schon zur Römerzeit
waren die Chronisten nun nur deutscher Herkunft und fröhnten
ihren Vorurteilen, die da lauteten, der Wende lebe primitiv und
habe einen verschlagenen Charakter.

Zu den Gebäuden ist zu sagen, dass sie den deutschen ähnlich
wertig waren und je nach dem vor Ort verfügbaren Baumaterial
gefertigt wurden. Wie so häufig in der Geschichte, hat der Sieger
alle herausragenden Tempel und Festungen zerstört, die
verschonten Häuser und Hütten sind in den folgenden
Jahrhunderten verfallen.

Haus- und Kriegsgerät wurde wohl in mannigfacher Art erstellt,
die Kleidung bestand aus Wolle und Leinen, ihre Qualität
angeblich gröber als die deutsche. Hauptbeschäftigung der
Wenden war freilich die Jagd und Fischerei, daneben die Bienen-
zucht. Was den Charakter angeht, stehen Tapferkeit und Gast-
freundschaft in allen Berichten, selbst bei Skeptikern, obenan.
Daneben sollen sie aber auch falsch und untreu gewesen sein,
jedoch mit dem einschränkenden Zusatz „zu ihren Feinden“.

Indes unterschieden sie sich doch in einer Eigenart von ihren
westlichen Nachbarn, ihnen fehlte die Kraft, große Ziele über
Generationen im Auge zu behalten und beharrlich zu verfolgen,
eine Eigenart, die zu allen Zeiten der Grundzug der germanischen
Rasse gewesen und noch jetzt Bürgschaft ihres Lebens ist.
( O-Ton Theodor Fontane) Ausgerüstet mit liebenswürdigen
und blendenden Eigenschaften, an Ritterlichkeit ihren Gegnern
mindestens gleich, an Leidenschaft, an Opfermut ihnen vielleicht
überlegen, gingen sie dennoch zugrunde, weil es ihnen an jener
gestaltenden Kraft mangelte. Die Religion der Wenden war der
der Germanen in der Vorchristenzeit ähnlich. Naturanbetung von
Quelle, Baum und Hain, Waffenanbetung von Fahne, Schild,
Lanze und die Bilderanbetung, dem eigentlichen Götzendienst
mit 14 Göttern.

Auf Rethra und Arkona befand sich ein Orakel, welches in großen
Landesfragen konsultiert wurde. Die Örtlichkeit war ein Hain mit
geschnitzten Götzenpfählen, Priester warfen Lose, aus denen sie
die Zukunft und den göttlichen Willen herauslasen. Dann wurde
ein heiliges weißes Pferd über am Boden liegende Lanzen geführt
und die Schrittfolge des Tieres interpretiert.
Aber nicht immer war der Wechsel der Religionen gewaltsam,
an vielen Stellen standen, wo sich heute Kirchen befinden, zuvor
heidnische Kultstätten.

Dergleichen geschah mit den Menschen, sie wurden nicht nach
Osten verdrängt sondern blieben im Lande und haben in allen
Provinzen jenseits der Elbe unzweifelhaft jene „jute“ Mischrasse
hergestellt, die wir heute vorfinden. Sicherlich hat es am Anfang
eine Siegermentalität gegeben und dazu geführt, dass bestimmte Ortschaften sich rein sächsisch oder wendisch prägten, aber
diese Region mit den armen Böden war auf Menschenzuzug immer
angewiesen. Was die karge Natur und Seuchen nicht schafften,
nämlich die Bevölkerung zu dezimieren, besorgte der Mensch.
Pommern und Polen zogen brandschatzend, verheerend durchs
Land und für diesen Raum gilt ganz besonders der friederizianische Satz: Das Land braucht Menschen; vor allem
Menschen. Außer in der Lausitz, wo die Sorben noch der alten
Herkunft zugewandt sind, scheint sonst fast alles Wendische
verloren gegangen zu sein.

Aber nein, wie in Gallien zur Römerzeit, als sich ein kleiner Ort
widersetzte, so gibt es eine Region die sogar noch den Namen
führt, es ist das Hannoversche Wendland. Ein Begriff der erst
seit dem 17. Jahrhundert existiert. Das Wendland ist der Teil
der östlichen Lüneburger Heide, der Kreis Lüchow-Dannenberg
das Herzstück.

Hier siedelten auf westlicher Elbeseite die Polaben oder auch
Drevanen genannt, ein Wendenstamm mit Fürstensitz in Ratze-
burg. Diese, heute wie damals nur schwach besiedelte Region,
schmückt sich mit dem Attribut nirgendwo im Reiche wäre man
weiter von einer Autobahn entfernt als hier. Was meiner Frau
und mir, die wir ein von Oma geerbtes Kleinhäuschen, liebevoll
Chateau genannt, in Bergen an der Dumme besitzen, die Anfahrt
meist auf unerquickliche 5 Stunden verlängert.

In dieser Landschaft finden wir die klassischen Rundlingsdörfer
mit den wundersam wendischen Namen wie Mammoisel,
Reddereitz, Satemin, Klein Witzeetze oder Meuchefitz. Über
nur eine Zufahrt kommt man in ein Örtchen, in dessen Mitte
idyllisch mächtige Eichen stehen und die Gehöfte gruppieren
sich wie auf einer Perlenkette drum herum. Auf einem hohen
Pfosten thront, unterlegt mit einem Wagenrad, ein Storchenpaar
in seinem Nest, feuchte Wiesen und Weiden bieten beste
Nahrungsgrundlage für die Aufzucht von Adebars Klapper-
schnäbeln.

Bis zur Wende im Jahre ‘89 war dieser Bereich wirtschaftlich
abgeschnitten und auch die Wiedervereinigung konnte den
Dornröschenschlaf nicht beenden – Gott sei Dank. Dank gilt
auch den Steuergeldern aus dem Grünen Plan, die dafür gesorgt
haben, dass alle Feld- und Radwege bestens asphaltiert sind.
Ein Eldorado für Wanderer und Radfahrer.
So wie Martin Luther King eine Traum hatte, so hab ich auch einen, er lautet:
Wanderweg Uelzen-Schnackenburg. Hier auf einer Strecke von 130
Kilometern werde ich in diesem Sommer das Wendland erwandern.
Allein, mit Rucksack, begleitet von meinen beiden Hunden,
geschlafen wird nur draußen unter freien Himmel (Ich variiere
Kant: Der bestirnte Himmel über mir, das romantische Herz in
mir). Als einzige Literatur nehme ich Eichendorff mit und jeden
Tag werde ich mindestens ein Gedicht auswendig lernen.

Mondnacht
Es war, als hätt der Himmel
Die Erde still geküsst,
Dass sie im Blütenschimmer
Von ihm träumen müsst.
Die Luft ging durch die Felder,
Die Ähren wogten sacht,
Es rauschten leis die Wälder,
So sternklar war die Nacht.
Und meine Seele spannte
Weit ihre Flügel aus,
Flog durch die stillen Lande,
Als flöge sie nach Haus.

Ich lagere auf einer Anhöhe am Waldesrand, der Blick geht weit
ins leicht hügelige Land, der warme Sommerwind weht sanft
raschelnd durch die Blätter, hoch oben kreisen zwei Raubvögel,
hin und wieder vernimmt man ihr Rufen. Aus der Ferne hört man
ein zartes Glockengeläute vom Kirchturme, da wird mir ganz
wundersam ums Herze. In der Nacht verwöhnt mich die Nachtigall

Frisch auf denn liebe Nachtigall,
Du Wasserfall mit hellen Schall!
Gott loben wollen wir vereint,
Bis dass der lichte Morgen scheint
am Tage erquicket mich der Lerche Sang
Die Lerche grüßt den ersten Strahl,
Dass er die Brust ihr zünde,
Wenn träge Nacht noch überall
Durchschleicht die tiefen Gründe.
Und du willst, Menschenkind, der Zeit
Verzagend unterliegen?
Was ist dein kleines Erdenleid?
Du musst es überfliegen.

Mal schauen wie es so wird mit dem einfachen Leben, ich werde
Ihnen auf alle Fälle davon berichten wie es war – im Land der
Wenden.

Michael Lampe / Mai 2009


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